Alte Grenzen, neu erfahren: Mein Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail (EuroVelo 13)

Alte Grenzen, neu erfahren: Mein Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail (EuroVelo 13)

 

Überblick zum Iron Curtain Trail:

Der Radweg entlang des damaligen Eisernen Vorhangs wurde als EU-Langstrecken Radtour ausgebaut. Die insgesamt über 10.000 km lange Strecke führt entlang des geschichtlich sehr interessanten Spannungsfeldes, wo noch vor knapp 30 Jahren eine harte Grenze zwischen Ost und West Europa herrschte. Landschaftlich ist dadurch ein grünes Band mit purer Natur entstanden, da das Grenzgebiet kaum ausgebaut wurde. Bis heute konnte ich diese Unterteilung spüren: Sowohl die Währung, als auch die Sprache und auch die Architektur haben sich in gewissen Abschnitten der Tour innerhalb von wenigen Kilometern sehr stark unterschieden — die Erfahrung der Grenzüberschreitung mit dem Fahrrad und den Bunkern und Zäunen, die einem begegnen, ist wirklich spannend.

 

Mein YouTube Video zum Erlebnis

 

Gemeinsam mit meinem Kollegen Bastian Brutzer habe ich ein Teilstück dieses langen Radweges, der auch EuroVelo13 genannt wird, herausgesucht und befahren. Als einzelne 9 Etappen von Gmünd (bzw. České Velenice) bis nach Hohenau haben die Länder Österreich, Tschechien und Slowakei einen 329km langen Abschnitt des Trails gesondert auf ihrer Website ausgewiesen. Auf diesem Stück legst du als Radfahrer/in 2.061 Höhenmeter bergauf und 2.429 Höhenmeter bergab hinter dich und durchquerst die Regionen Waldviertel, Südböhmen, Südmähren und das Weinviertel. Meine Erfahrung bezieht sich auf die Etappen 1 bis 3 dieser Tour – also von Gmünd bis Drosendorf an der Thaya.

 

Etappe 1: Gmünd – Litschau

  • Länge: 34,44km

  • Hm: 261m bergauf, 219m bergab

  • Bodenbeschaffenheit: Waldwege, Feldwege, wenig Asphalt

  • Besonderheiten: Gmünd, Blockheide, pure Wälder

     

Gmünd stellt einen sehr geeigneten Startpunkt der Tour dar, da die Stadt eine gute Infrastruktur in Bahn, Bus und Parkplätzen aufweist. Angekommen am Marktplatz von Gmünd hat uns eine sehr entspannte und schöne Atmosphäre erwartet: Wirtshäuser neben dem alten Rathaus, Ausblick auf die Sgraffito Häuser und viele sehr aufgeschlossene Menschen, die mir auch erklärten, dass die Stadtteile Gmünd und České Velenice bis 1989 – wie Berlin –  in zwei geteilt war. Die Grenze lief dabei sogar durch einzelne Häuser.

Direkt nachdem wir die Stadt mit unseren Fahrrädern verlassen haben, konnten wir in ein sehr schönes Stück Natur eintauchen: Der Naturpark Blockheide ist mit seinen kleinen Seen, unberührten Waldabschnitten und den großen Steinfeldern im Wald ein außergewöhnliches Stück des Trails. Auf einem Aussichtsturm kannst du hier den ersten Überblick über das sogenannte „grüne Band“ des ehemaligen Eisernen Vorhangs erhalten.

Der Weg nach Litschau, der nördlichsten Stadt Österreichs, verläuft entlang der Grenze. Immer wieder begegnest du Grenzmarkierungen zwischen Tschechien und Österreich, ohne dabei die Grenze wirklich zu überqueren. Die Natur ist atemberaubend und sehr erholsam.

Tipp: Wir haben den Fehler gemacht, dass wir in Gmünd keinen Proviant gekauft oder gar gegessen haben. Die Strecke nach Litschau bietet auf seinen 34 km kaum bis keine Möglichkeiten, um einzukehren oder Proviant zu kaufen. Erst in Litschau trifft man wieder auf ein buntes Angebot an Gaststätten. Uns wurde gesagt, dass bei dem weiteren Ausbau der Strecke auch weiteres gastronomisches Angebot geplant ist. Hier muss sich der Weg noch entwickeln – oder wir als Radfahrer einfach genügend Nahrung mitnehmen.

Angekommen in Litschau kann man sich sehr auf eine Abkühlung oder zumindest einen schönen Sonnenuntergang am Herrensee freuen. Der See ist sehr schön gelegen und bietet mit einem Strandbad gute Möglichkeiten zu baden. Die Unterkünfte sind sehr fahrradfreundlich.

 

Etappe 2: Litschau – Slavonice

  • Länge: 34,04km

  • Hm: 359m bergauf, 383m bergab

  • Bodenbeschaffenheit: Waldwege, Feldwege, Asphalt

  • Besonderheiten: Herrensee Litschau, Grenzüberschreitung, Überreste des Kommunismus

Unser Start in Litschau am zweiten Tag unserer Tour ist sehr früh ausgefallen, da wir an diesem Tag gleich zwei Etappen des ICT hinter uns bringen wollten. Allgemein kann ich an dieser Stelle einen Hinweis aussprechen: Wenn du ein Komfortfahrer bist, sind die einzelnen Etappen wie ausgeschrieben sinnvoll fahrbar  — dann bietet der Weg mehr geschichtliche Eindrücke und auch die ein oder anderen Sehenswürdigkeiten mit kurzem Umweg von der Strecke. Für den sportlichen Fahrer ist es jedoch sehr gut möglich, die Etappen zusammenzulegen und zwei Etappen an einem Tag zu realisieren.

Auch aus Litschau heraus dauert es nicht lang, bis wir mitten in der Natur angekommen sind. Zum ersten Mal sind uns hier auch verschiedene weite Felder begegnet, die später im Tagesverlauf noch weitläufiger wurden. Nach wenigen Kilometern erreichen wir den ersten wirklichen Grenzübergang, der mit dem Schild „Achtung Grenzübergang“ auf Österreichischer Seite markiert ist. Vom Waldviertel überqueren wir nun nach Südböhmen und tauchen in eine Landschaft mit kleinen Seen, Steinmeeren und Wald ein – auch „böhmisch Kanada“ genannt.

Hier enden auch die grünen Schilder des Iron Curtain Trails, denen wir im Waldviertel gefolgt sind, und die Tschechische Beschilderung folgt. Über die Beschilderung des Trails auf der österreichischen Seite kann man sich absolut nicht beschweren – hier ist häufig sogar eine Überbeschilderung zu finden. In Tschechien sollte man jedoch genauer auf die Ausschilderung achten. Hier fehlt an manchen Kreuzungen der klare Hinweis, in welche Richtung es gehen soll. So haben wir uns in dieser Etappe auch zweimal verfahren.

Mit dem Grenzübergang verändert sich in Flora und Fauna zunächst nicht viel. In den ersten Ortschaften in Tschechien angekommen, spürt man jedoch die schöne andere Kultur, Sprache und Architektur. Die Menschen in den kleinen Orten sitzen vor ihren Häusern, grüßen uns herzlich – die Verständigung fällt jedoch schwerer. Englisch oder Deutsch wird nicht von jeder Bedienung verstanden, aber die Kommunikation mit Händen und Füßen ist auch etwas, was ein Abenteuer in einem anderen Land ausmacht.

Noch bewegen wir uns sehr häufig im Wechsel zwischen Wald und Feld, mit tollen Ausblicken und gut ausgebauten Wegen. Auf den letzten Kilometern nach Slavonice kommen wir an verschiedenen kleinen Seen und schönen Ortschaften vorbei.

In Slavonice angekommen verstehen wir schnell, warum die Altstadt mit eine der schönsten des Landes sein soll: Der Marktplatz mit seinen pittoresken Renaissance ­Häusern drückt das pure Leben aus. Verschiedene Händler mit schönen kleinen Geschäften und tolle Möglichkeiten um einzukehren. Auch hier haben wir uns mit Händen und Füßen verständigt, aber ein sehr leckeres Gulasch serviert bekommen.

Sicherlich ist auch eine Nacht-Einkehr in Slavonice empfehlenswert – unser Plan der Doppeletappe sieht es jedoch vor, dass wir hier nur einen Mittagsstop eingelegt haben und uns nach dem Essen und Kaffee auf den Weg nach Drosendorf an der Thaya gemacht haben.

 

Etappe 3: Slavonice – Drosendorf an der Thaya

  • Länge: 37,82km

  • Hm: 378m bergauf, 485m bergab

  • Bodenbeschaffenheit: Asphalt

  • Besonderheiten: Weitläufiger Blick, 3 Grenzübergang, kleine Ortschaften mit Seen

Aus Slavonice heraus geht es entlang des Bahnhofs und einer alten Bahntrasse auf einer sehr angenehmen Strecke zurück in die weitläufige Natur. Auf dieser Etappe erwarten uns viele Feldwege und sehr weite Ausblicke über das Land.

Die Etappe am Nachmittag haben wir unter purem Sommer-Sonnenschein erlebt: das war insbesondere durch die 100% asphaltierten Straßen und die nicht vorhandenen Waldwege dieses Stücks eine sehr ernüchternde Angelegenheit. Man teilt sich an vielen Passagen den Weg mit Autos und landwirtschaftlichem Verkehr, was weit unangenehmer ist, als in Etappe 1 und 2.

Diese Etappe ist in unseren Augen eher als ein Übergang zu sehen. Hier heißt es, Kilometer machen und entlang der Route immer mal wieder in kleine Ortschaften und vielleicht auch das Golf- & Reiterdorf Autendorf einzutauchen.

Erst Drosendorf lässt unser Herz nochmal richtig hoch schlagen: Die Stadtmauernstadt liegt hoch auf einem Felsen und ist von der Thaya quasi umgehen – das sieht atemberaubend aus! Mit einer mittelalterlichen Burg, Barocken Fassaden und alten Bürgerhäusern ist der Platz in der Stadt sehr schön zum verweilen. Es empfiehlt sich sehr, eine Unterkunft oben auf dem Fels zu nehmen: Dort sind wir abends noch auf einen Spaziergang entlang der Stadtmauer in ein leckeres Restaurant eingekehrt.

Aus Drosendorf konnten wir per Bus und Bahn für schmales Geld zurück zum Ausgangspunkt „Gmünd“.

 

Fazit

Der Iron Curtain Trail im Waldviertel und Südböhmen nimmt dich mit auf ein geschichtliches und kulturelles Abenteuer durch eine Gegend, die landschaftlich nicht schöner sein könnte. Der Grenzübergang mit dem Fahrrad ist genauso besonders, wie die verschiedenen Städte die du durchradelst.

Meine 3 Highlights

  • Grenzüberschreitung mit dem Fahrrad

  • Geschichtlicher Hintergrund dieses Radwegs

  • Landschaftlich entlang der unberührten Natur des „grünen Bandes“

Als sportlicher Fahrer kann ich dir sehr ans Herz legen, die Etappen als Doppeletappen zu sehen. Für Komfortfahrer sind die Einzeletappen empfehlenswert.

In Sachen Material ist sicherlich ein Flussfahrrad oder Gravel Bike ausreichend – ein Enduro Bike (wie wir es mithatten) ist nicht notwendig. Das Wörtchen „Trail“ im Iron Curtain Trail darf hierbei nicht wörtlich ausgelegt werden: Du bist hauptsächlich auf Wald-, Feld- und Asphaltwegen unterwegs.

Ich freue mich, wenn ich dir sowohl mit diesem Blogartikel, als auch mit dem Video auf YouTube oder den Fotos auf Instagram einen tollen Einblick zum Iron Curtain Trail übergeben konnte.

Raus mit dir in die Natur und ab auf’s Bike!

Viele Grüße,

Marius

 


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